Forschungsprojekt SynCore

SynCore ist ein interdisziplinäres Verbundprojekt mit dem Fraunhofer IWES, der Universität Bremen und der Innogy SE zur Ableitung virtueller geotechnischer Baugrunddaten aus Seismischer Inversion und Geostatistischer Datenintegration als Grundalge für eine zuverlässigkeitsbasierte Planung und Optimierung von Monopfahlgründungen für Offshore-Windenergieanlagen.

Bei der Planung von Offshore-Windparks sind aufgrund der hohen mit Offshore-Arbeiten verbundenen Kosten die Informationen, die durch Baugrunderkundungen gewonnen werden, im Verhältnis zur Größe und Komplexität der Baumaßnahme üblicherweise relativ gering. Im Gegensatz zu einer deterministischen Bemessung, bei der die Unschärfe in den Randbedingungen meist qualitativ mit der Wahl eines für das Bauwerk auf der “sicheren Seite“ liegenden charakteristischen Kennwertsatzes berücksichtigt werden, können unter Anwendung von Zuverlässigkeitsanalysen die bestehenden Unsicherheiten individuell adressiert und quantifiziert werden, so dass als Ergebnis der Nachweisführung die Versagenswahrscheinlichkeit des Systems gegen definierte Grenzzustände und Entscheidungskriterien bestimmt werden kann.

Die Methodik besteht – vereinfacht – darin, dass unter Beachtung der räumlichen Korrelation, d.h. der Variabilität der Bodenkennwerte in den einzelnen Baugrundschichten sowie der Schichtgrenzen, mittels geostatistischer Interpolation (z.B. 3D-Krigingverfahren) die Messwerte mehrerer Baugrundaufschlüsse (Bohrungen, Drucksondierungen, etc.) unter Nutzung hochauflösender seismischer Erkundungen auf die geplanten Pfahlstandorte transformiert werden. Am geplanten Pfahlstandort erfolgt anschließend die Ableitung eines synthetischen Bemessungsprofils, wobei sowohl die Unsicherheiten in den Messwerten (z.B. Sondierspitzenwiderstand) als auch in der Transformation hin zu den Bodenkennwerten des geotechnischen Modells (z.B. vom Sondierspitzenwiderstand zum Reibungswinkel) statistisch beschreiben und quantifiziert werden. Unter Nutzung von probabilistischen Näherungsverfahren wie der First- oder Second-Order Reliability Method (FORM/SORM) oder simulationsbasierter Monte Carlo Algorithmen (Markov Chain Monte Carlo, Importance Sampling, Subset Simulation, etc.) wird unter Beachtung der quantitierten Unschärfe in den Zufallsvariablen (Bodenkennwerten, Schichtgrenzen, Transformationsfehler, Modellfehler, etc.) die Versagenswahrscheinlichkeit respektive die Zuverlässigkeit des Monopfahls bestimmt, d.h. die Pfahllänge wird bezogen auf ein Grenzwertkriterium für ein festgelegtes Sicherheitsniveau bestimmt. Als Zuverlässigkeit ist hierbei die Fähigkeit eines Tragwerks oder Bauteils zu verstehen, die festgelegten Gebrauchstauglichkeits- und Tragfähigkeitsanforderungen innerhalb der geplanten Nutzungszeit zu erfüllen – hier z. B. die maximale Pfahlkopfverdrehung.

Die Anwendung der probabilistischen Methodik resultiert im Idealfall in einer systematischen und verifizierbaren gesamtheitlichen Risikobewertung, was vor allem bei der Vorplanung und -bemessung von Offshore-Windenergieanlagen (WEA) helfen kann. In der Vorplanungsphase ist die genaue Lage und Auslegung der einzelnen Anlagenstandorte noch nicht bekannt, da diese neben den geologischen und geotechnischen Gegebenheiten auch von den verfügbaren Anlagen und den Windmodellen abhängig sind, die in sogenannten Ertragsberechnungen zu einem optimierten Layout führen. Ausdiesem Grund und auch wegen der erheblichen Kosten, die eine Offshore-Aufschlusskampagne mit sich bringt, ist die Informationsdichte in der Vorplanungsphase üblicherweise gering. Hier bietet sich die Nutzung probabilistischer Methoden an, um die Gründungen an einzelne Pfahlstandorten vorzubemessen sowie auf Grundlage der Ergebnisse das Pfahldesign standortspezifisch zu optimieren und weitere Aufschlusskampagnen und Laborversuche effizient zu planen.

 

Auftraggeber
Träger: Projektträger Jülich, Forschungszentrum Jülich GmbH
Zeitraum
2020 - 2024
Leistungen
  • Entwicklung einer Modellformulierung zur stochastischen Analyse des Monopfahlsystemverhaltens für einen synthetischen Bemessungsstandort unter Beachtung epistemischer (subjektiver) und aleatorischer (objektiver) Unsicherheiten bezogen auf definierte Grenzzustände und Entscheidungskriterien unter Beachtung des Systemversagens, inklusive einer Methodik zur zuverlässigkeitsbasierten Sensitivitätsanalyse.
  • Implementierung des entwickelten probabilistischen Models basierend auf einer Open Source Programmbibliothek in ein Computerprogramm mit I/O Schnittstellen zur Kopplung von bodenmechanischen Modellen (Analytisch, Semi-Analytisch, FEM) an das probabilistische Bemessungsmodel.
  • Bewertung der Leistungsfähigkeit von den implementierten Berechnungs- und Modellansätzen sowie der Ermittlung des Einflusses der Unschärfe einzelner Modellkomponenten zur Ableitung von Optimierungspotentialen am Beispiel ausgewählter Offshore Windparkprojekte.
  • Erstellung einer anwendungsbezogene Handlungsanweisungen für eine probabilistische Pfahlbemessung in der Ingenieurpraxis, einhergehend mit Hinweisen zu Optimierungspotentialen im Hinblick auf eine gesamtheitlichen Risikobetrachtung.